Sonntag, 20. Juni 2021

Zauberwörter der beziehungsfördernden Kommunikation

Die beziehungsfördernde Kommunikation ist keine Zauberei, auch wenn sie manchmal magisch ist.

Heute stelle ich euch drei "Zauberwörter" und zwei "magische Tricks" vor, welche in unserer Kommunikation eine grosse Wirkung haben. Ihr glaubt nicht daran? Probiert es einfach aus - und staunt. 😊


1) Zauberwort: ich (anstatt du)

Eine beziehungsfördernde Kommunikation zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass ich von mir spreche - anstatt über den Anderen.

So ist es weitaus offener und klarer, wenn ich sage: "Ich bin müde und brauche etwas Ruhe." anstatt zu sagen: "Du bist viel zu laut!"

Oder wenn ich mir von meinem Mann mehr Unterstützung im Haushalt wünsche, komme ich mit "Ich wäre froh um deine Unterstützung" ganz bestimmt weiter als mit "Du hilfst mir nie im Haushalt!".

Diese Art der Kommunikation überlässt dem Gegenüber - egal ob Kinder oder Erwachsener - die Möglichkeit, sein Verhalten aus eigenem Antrieb zu verändern. So gelingt Erziehung und Beziehung auf Augenhöhe, in der ich mich und meine Bedürfnisse ernst nehme, diese klar kommuniziere und darauf vertraue, dass mein Gegenüber mit mir kooperieren möchte.

Im Umkehrschluss bedeutet dies natürlich auch, dass ich die Bedürfnisse meines Kindes, meines Partners etc. höre - um dann wiederum zu entscheiden, ob und wie ich mein Verhalten entsprechend anpassen kann.


2) Zauberwort: ja (anstatt nein)

Ich weiss, dass es im Alltag mit Kindern immer wieder nötig ist, ein "Nein" auszusprechen. Dennoch gibt es meiner Meinung nach Situationen, in denen wir anstatt "Nein" auch "Ja" sagen könnten.

Anstatt "Nein, wir können jetzt nicht raus, ich muss die Küche aufräumen" könnte ich sagen "Ja, wir können raus, sobald ich die Küche fertig aufgeräumt habe."

Oder wie wäre es mit "Ja, du darfst nach dem Essen ein Stück Schokolade" anstatt "Nein, du darfst vor dem Essen keine Schokolade."?

Und anstatt "Nein, ich kaufe dir dieses Spielzeug nicht" könnte ich auch "Ja, du darfst dir dieses Spielzeug zum Geburtstag wünschen" sagen.

Die aufgeführten Beispiele zeigen, wie anders unsere Erwiderungen klingen - auch wenn wir im Prinzip das Gleiche damit sagen.

Beim Kind (und auch bei Erwachsenen) löst ein "Nein" Widerstand aus oder kann zu einem Machtkampf herausfordern. Daher ist es hilfreich, wenn ich mir gut überlege, welches "Nein" nun tatsächlich notwendig ist.


3) Zauberwort: und (anstatt aber)

Wusstest du, dass ein "aber" alles zunichte macht, was vorher gesagt wurde? 

Dazu ein paar Beispiele, welche dir vielleicht bekannt vorkommen:

"Du hast recht, aber....." bedeutet doch eigentlich "Ich weiss es besser!"

"Ich verstehe dich, aber....." meint eher "Du solltest anders denken/fühlen!"

"Ich weiss, aber....." bedeutet irgendwie auch "Ich ignoriere die Tatsachen!"

Bei der beziehungsfördernden Kommunikation achte ich darauf, dass ich mein Gegenüber und seine Bedürfnisse genauso ernst nehme wie mich und meine Bedürfnisse. Dabei ist es hilfreich, wenn ich "und" anstatt "aber" verwende!

Anstatt "Du willst dieses Game kaufen, aber ich möchte zuerst mehr darüber erfahren" sage ich "Du willst dieses Game kaufen - und ich möchte zuerst mehr darüber erfahren."

Und anstelle von "Du räumst dein Zimmer nicht gerne auf, aber ich möchte morgen staubsaugen" sage ich "Du räumst dein Zimmer nicht gerne auf - und ich möchte morgen staubsaugen."

Oder ich sage "Ich verstehe, dass du das nicht gerne hörst - und mir ist es wichtig darüber zu sprechen" anstatt "Ich verstehe, dass du das nicht gerne hörst, aber mir ist es wichtig darüber zu sprechen."

Auf diese Weise stehe für ich mich ein und bleibe in meiner Kraft, ohne dabei mein Gegenüber zu schwächen. So gelingt ein Austausch auf Augenhöhe und die Kooperationsbereitschaft wird gefördert.


4) Magischer Trick: positive Formulierung (anstatt "nicht")

Denke jetzt bitte NICHT an einen rosa Elefanten! 

Hand aufs Herz: hat sich bei dir auch gerade das Bild eines roten Elefanten vor deinem inneren Auge gezeigt?

Das liegt daran, dass unser Gehirn Verneinungen und negative Formulierungen nicht in Bilder umwandeln kann. Darum bleiben solche Aufforderungen abstrakt und nicht nachvollziehbar.

Die richtige Formulierung ist also entscheidend:

Anstatt dem Kind zu sagen: "Renne nicht auf die Strasse" sage ich besser "Bleibe hier bei mir". Dabei entsteht vor dem inneren Auge des Kindes ein Bild, wie es neben mir steht - anstatt das Bild, wie es auf die Strasse rennt.

Wenn das Kind einen Baum erklimmt, rufe ich nicht "Pass auf, dass du nicht runter fällst" sondern "Halte dich gut fest!" Damit gebe ich dem Kind einen klaren Auftrag bzw. ein klares Bild.


5) Magischer Trick: annehmen (anstatt anweisen)

Wir Eltern wünschen uns vielleicht, dass es unseren Kindern stets gut geht und dass sie nie mit unangenehmen Gefühle oder schwierigen Situationen konfrontiert werden.

Doch das Leben ist kein Ponyhof - und so wird es immer wieder Momente geben, in denen unser Kind traurig, enttäuscht oder aufgebracht ist, es sich weh getan hat oder nicht mehr weiter weiss.

Anstatt zu sagen: "Jetzt beruhige dich doch!" (was gerade für kleine Kinder echt schwierig ist), ist es weitaus hilfreicher zu fragen: "Soll ich dich in den Arm nehmen?"

Oder anstatt die Reaktion oder die Gefühle meines Kindes herunter zu spielen mit den Worten "Das ist doch nicht schlimm!", spiegle ich besser das, was ich gerade wahrnehme: "Für dich ist das gerade mega schlimm..."

Wir können (und sollen) unsere Kinder nicht vor allem Leid bewahren - doch wir können gerade in schwierigen Situationen hilfreich für sie da sein, indem wir sie annehmen, wie sie sind.



Nun wünsche ich euch viel Spass beim "Zaubern" - und vergesst nicht, mir von euren Erfolgen zu berichten.

Liebe Grüessli,

Barbara